Die Verwirklichungsdynamik im ersten Altersjahr

Das erste Lebensjahr ist von exzeptioneller Maßgeblichkeit für die Entwicklung des Menschen. Entwicklung beginnt aber keineswegs erst nach der Geburt, sondern schon vorher. Über die vorgeburtliche (pränatale) Fortentwicklung verstehen wir, daß diese mit einer sehr großen Geschwindigkeit abläuft:

Schon der Embryo verfügt über jegliche inneren Organe, und am 43. Tag ist die Konsistenz des Gehirns bereits total ausgebildet.

Zum Start der Fötalzeit prägen sich bereits auch separat-genetische Eigenschaften heraus.

Charakteristisch für den Menschen ist, daß er — im Unterschied zu allen höheren Säugern — unvollständig und unvollendet geboren wird. Die ihm eigenen Artattribute erwirbt er erst imZeitverlauf des ersten Altersjahres, das man demnach als extra-uterines Frühjahr bezeichnet.

In dieser Dauer ist das Kind in höchstem Maß dependent von seiner Umwelt, ohne Pflege wäre es keinesfalls lebensfähig. Die Verwirklichungsdynamik des ersten Altersjahres ist entsprechend turbulent wie in der pränatalen Periode und hat mit zu dem Titel des extra-uterinen Frühjahres beigetragen.

Die Entbindung ist wohl ein von außerhalb gesehen heftiges Geschehnis, in der Realität aber lebt der der Säugling - wenn auch external des Mutterleibes — während einiger Zeitspanne in gleichartiger Weise weiter wie vorweg der Geburt. Dies gilt an erster Stelle für die ersten 8 Lebenswochen, die nachgeburtliche (postembryonale) Spanne.

Sie ist gekennzeichnet durch lange Schlaf- und kurze Wachzeiten (eine Form der Fortsetzung des embryonalen Lebens), ungesteuerte Unruhebewegungen (Zappeln), Schreien und Kostaufnahme. Erst im zweiten Lebenshalbjahr nehmen die Wachzeiten und damit darüber hinaus die spontanen Aktivitäten zu.

Die reaktive Periode (vom 3. bis Ende des 6. Monats) ist gekennzeichnet durch charakteristische Erwiderungen auf Umweltstimuli: nachblicken, lauschen, blicken, experimentieren, greifen, lächeln und babbeln.