Spätreifende Adolenzenten und pädagogische Raffinessen

Wenn ferner nicht von einer mit der raschen somatischen Fortentwicklung einhergehenden ebenfalls raschen intellektuellen Entwicklung gesprochen werden kann, dergestalt bestätigen sich jedoch auch keine Hinweise für eine Intelligenzdegression bei den gegenwärtigen Jugendlichen — im Gegenteil,

eine schwache Erhöhung der Intelligenzleistungen oppositionell ehemalig ist beobachtbar, er hält allerdings mit der akzelerierten körperlichen Reifung nicht Schritt. Leistungsfähigkeitsschwächen dürften ihre Quellen vielmehr in einer Abwärtsentwicklung der Arbeitshaltung (Konzentrationskompetenz et cetera .) als in einer Intelligenzabnahme haben.

Die Beschleunigung hat wichtige psychische Konsequenzen, sie verändert die Weltauffassung des Halbwüchsigen: Die Interessen verlagern sich aus der Familie hinaus, die soziale Peripherie wird erotisiert, das andere Geschlecht gewinnt an Bedeutsamkeit.

Die gefühlsmäßige Entfaltung bleibt wieder und wieder hinter der physischen zurück — daraus folgen zuallererst für den beschleunigten Jugendlichen zahlreiche Konfliktmöglichkeiten: Er ist kein Kind mehr und doch bislang keinesfalls erwachsen, wird jedoch oftmals gerade hinsichtlich seiner somatischen Dynamik psychisch idealisiert und überfordert.

Die pädagogische Raffinesse des Erwachsenen mag die Umgehung von Auseinandersetzungen und die Verunsicherung des Jugendlichen fördern oder blockieren.

In einer besonders engen Wechselbeziehung zur körperlichen Evolution steht der Eigenwert. Frühentwickelte Charaktere haben zwar die größeren Schwierigkeiten, mit ihren unbeschlagenen, veränderten Verlangen und Bedürfnissen umzugehen. Spätentwickler hingegen leiden mehrheitlich unter heftigen Inferioritätsgefühlen vis-à-vis den Gefährten in der Gruppe.

Sie können zu Außenseitern werden oder Kompensations verfahrensweisen entwickeln, welche sie in der weiteren sozialen Anpassung beeinträchtigen. Essentiell ist, daß der Erzieher spätreifende Adoleszenten Rekognoszierung über den differenzierenden Hergang der Fortentwicklung erwirket.